Besetztes Haus

„Am 2.12.1971 besetzten wir die leerstehende „93“. Uns ging allen ganz schön die Muffe, als wir so mit Feuerlöscher, Matrazen, Balken und Brettern, Gesichtstüchern und der obligatorischen Zitrone in der Tasche in die 93 reinstürmten. 30 Genoss(in)en im Haus, 200 davor, die damals, zu Zeiten der Hochkonjunktur des Häuserkampfs bereit waren, wieder mal ihre Köpfe und all das, was drin war hinzuhalten, um zu zeigen, daß wir nicht klein zu kriegen sind. Die Bullen kamen, gingen, Verhandlungen wurden geführt: wir konnten bleiben mit der Auflage, die Transparente, auf denen Selmi als Spekulant bezeichnet wurde, abzunehmen.“

So steht es in der Nummer 1 des BESETZERBLäTTSCHE, das für 20 Pf. verkauft wird. Als das Besetzerblättsche Nr. 1 erscheint ist das Haus bereits ein halbes Jahr besetzt. Im Haus wohnen nun u.a. der Schriftsteller Jörg Fauser. Fauser bezieht ein Zimmer in der sog. Anarchistenetage. „Die anderen Stockwerke werden vom Kommunistischen Studentenverband (KSV) und von der Roten Zelle Jura (Rotzjur) belegt, …“1 Rudi Sievers, ebenfalls Bewohner der 93: Es gab auch beim KSV „einige etwas unabhängigige Köpfe, in deren Nähe Freiräume existierten, in denen man auch abweichlerische, ironische oder ausgefallene Ansichten äußern konnte, ohne gleich als Agent, Clown oder Kleinbürger beschimpft zu werden.“2

Die 93 steht heute noch als prächtige bewohnte Immobilie im Frankfurter Westend.

1 aus: Rebell im Cola-Hinterland. Jörg Fauser. Die Biografie. Von Matthias Penzel, Ambros Waibel.
Aus dem KSV wird im Jahr 1973 die Frankfurter Gruppe des Kommunistischen Bund Westdeutschlands entstehen. Mitglieder der Roten Zelle Jura waren Rudolf Sievers und auch Matthias Beltz.